Besondere Kanalsanierung in Heringhausen
Heringhausen. Wie besonders diese unterirdische Baustelle ist, wird erst beim Blick auf die Kamera-Bilder deutlich: Das Kanalrohr mit 800 mm Durchmesser – immerhin ein Teil des Hauptsammlers von Ramsbeck über Heringhausen in Richtung Kläranlage Bestwig – ist in einem Teilabschnitt komplett gebrochen und hat dort keinerlei Tragfähigkeit mehr. Die Folge: Der Kanal muss dringend saniert werden, früher in offener Bauweise – mit wochenlangen Einschränkungen für Straßenverkehr und Anlieger. Mit einem eher ungewöhnlichen Vorgehen konnte die Hochsauerlandwasser GmbH (HSW) als Betriebsführerin des Abwasserwerk Bestwig – dies verhindern.
Denn auf 65 Meter Länge wurde jetzt in Heringhausen ein so genannter GfK-Liner mit einer Wandstärke von 11 mm verbaut. Die Liner-Technologie ist dabei keineswegs neu: Dieses Verfahren nutzt einen mit Kunstharz getränkten Glasfaserschlauch, der mittels Druckluft im Kanalrohr aufgestellt und mit Licht im Altrohr ausgehärtet wird. So entsteht ein weiteres, nahtloses Rohr im Inneren des alten. Besonders ist allerdings die Wandstärke von 11 mm: “Dieser Liner kann die gesamte Erdlast selbst tragen”, erläutert Dipl.-Ing. Markus Rüthing vom Abwasser-Team der HSW, “und das ist in diesem Fall auch nötig, weil der gebrochene Kanal nicht mehr tragfähig ist.”
Die Besonderheit wird ebenfalls in Zahlen deutlich: Rund 3,5 Tonnen wiegt der GfK-Schlauch, der durch das Schmallenberger Unternehmen Kan.d.i.s Kanaltechnologie in den defekten Kanal eingezogen wurde. Zuvor wurde bereits eine so genannte Gleitfolie in den Kanal eingebracht, um Beschädigungen in der Kanalsohle auszugleichen und den “hochgewichtigen” Schlauch leichter einziehen zu können.
Im Vorfeld waren umfangreiche Untersuchungen erforderlich. Der defekte Kanal weise eine Verformung von bis zu zehn Prozent auf, erläutert Markus Rüthing – das Maximum dessen, um die Liner-Technologie noch anwenden zu können. Um so wichtiger war schnelles Handeln. Erst im Frühjahr hatte der zertifizierte Kanalsanierungsberater die Sanierungsplanung erstellt und den Auftrag im Mai mit einem zeitnahen Baubeginn an die Firma Kan.d.i.s vergeben.
Eine weitere Herausforderung: Der Kanal liegt in einer Tiefe von 3,50 Metern – noch unterhalb des Flussbetts der benachbarten Valme. Das bedeutet, dass durch die Schadstellen reichlich Grundwasser in den Kanal eindringt, das abgepumpt werden musste. Zur Überleitung des Mischwassers von oberhalb war zusätzlich eine so genannte Abwasserhaltung notwendig: Mittels Schläuchen und Pumpen wird das Abwasser aus dem Kanal ab- und unterhalb der Baustelle wieder in den Kanal eingeleitet. Im Schnitt 50 Liter Wasser pro Sekunde werden so umgeleitet – “also fünf Eimer in jeder Sekunde”, verdeutlicht Markus Rüthing.
Ist der schwergewichtige Liner erst einmal in den alten Kanal eingebracht, werden seine Enden mit so genannten “Töpfen” verschlossen – einer Metallkonstruktion, durch die dann Druckluft in den Liner gepumpt wird, so dass sich der GfK-Schlauch entfaltet. Anschließend wird eine spezielle, große Lichterkette durch den Liner gezogen. Sie bewirkt, dass das Kunstharz aushärtet und ein neues, dichtes Rohr bildet.
Die Arbeiten sind Bestandteil einer Sanierung des Hauptsammlers von Ramsbeck bis Heringhausen. Dabei werden – nach entsprechenden Untersuchungen zum Kanal-Zustand – bis zum Jahresende rund 30 Haltungen mit einer Gesamtlänge von rund 1500 Meter und 25 Schächte mit baulichen Schäden sowie Undichtigkeiten saniert. Kosten des Gesamtprojekts: Rund 300.000 Euro. „Der aktuell gelinerte Kanal in Heringhausen wies dabei die stärksten Schäden auf“, so Markus Rüthing. Sein Fazit: „Eine kontinuierliche Kanalsanierung mit kurzen Vorbereitungs- und Projektzeiten von der Kanaluntersuchung bis zur Umsetzung einer Sanierung sichert zukünftigen Generationen ein funktionierendes Kanalnetz.“ Als Ergebnis werden Fremd- und Grundwasser im Hauptsammler und damit im Zufluss zur Kläranlage reduziert – und Anliegern sowie Verkehrsteilnehmern bleiben wochenlange Beeinträchtigungen erspart.“